Die Sparzitrone ist ausgepresst

Carte Blanche von Thomas Noack in der Volksstimme vom 18.4.2024

«Am 20.März 2024 hat Regierungsrat Anton Lauber eine Vorschau auf die Rechnung des Jahres 2023 vorgestellt. Sie wird ein Defizit von 94 Mio. Franken ausweisen.

Bevor allerdings die Landratsvorlage mit den genauen Zahlen und Begründungen veröffentlicht wurde, ist bereits die grosse politische Diskussion über mögliche Handlungsoptionen entbrannt. Bereits einen Tag nach der Pressekonferenz liegt der erste Hüftschuss vor: mit einer Motion fordert SVP-Landrat Reto Tschudin als Sparmassnahme die Kündigung des Universitätsvertrags mit Basel-Stadt. Und FDP-Landrat Andreas Dürr propagiert in der BAZ vom 22. März als Massnahme sogar eine weitere unumgängliche Senkung der Einkommenssteuer, welche den Mittelstand entlasten soll. 

Bis die Landratsvorlage mit der Rechnung vorliegt, lässt sich leider nur spekulieren, ob es sich beim nun ausgewiesenen Defizit nur um Sondereffekte handelt, die zu dieser negativen Rechnung geführt haben oder ob in den Kantonsfinanzen tatsächlich ein strukturelles Defizit vorliegt. Bereits heute die Kündigung des Universitätsvertrags als Massnahme zu fordern erachte ich jedenfalls weder als seriös noch als zielführend.

Im 2022 hat eine Mehrheit der Bevölkerung einer Senkung der Vermögenssteuer für besonders vermögende Personen zugestimmt und damit den finanziellen Handlungsspielraum des Kantons ohne Not verkleinert. Gemäss den aktuellen Zahlen aus der Präsentation von Regierungsrat Lauber sind die Einnahmen aus der Vermögenssteuer im 2023 um den namhaften Betrag von 31 Mio. geringer als budgetiert ausgefallen. Das Budget sah noch eine optimistische Zunahme von 13 Mio. vor. So viel zur Auswirkung der Steuergeschenke.

Im Blick auf die finanzielle Situation der Gemeinden und des Kantons machen mir aber vor allem die Berichte über die Defizite der Gemeinden grosse Sorgen. In den vergangenen Jahren hat der Kanton immer mehr Aufgaben und die damit verbundenen Kosten an die Gemeinden delegiert. Das bringt viele Gemeinden in finanzielle Nöte. Sie haben angesichts der gebundenen Ausgaben keinen Spielraum mehr, ihre eigenen Aufgaben, wie dringende Investitionen in die kommunalen Infrastrukturen, zu finanzieren. Anträge auf die notwendige Erhöhung der Gemeindesteuersätze scheitern jeweils in den Gemeindeversammlungen, wie jüngst in Waldenburg, Gelterkinden oder Seltisberg.

Mein persönliches Fazit: 

1. Die Steuersenkung war ein Fehler. Sie hat ohne Not den Handlungsspielraum des Kantons stark eingeschränkt.

2. Die Hysterie ist fehl am Platz. Jetzt braucht es eine sorgfältige Analyse. Diese erwarte ich mit Spannung in der Landratsvorlage zur Rechnung 2023.

3. Die Sparzitrone ist ausgepresst. Ein sorgfältiger Umgang mit den Ausgaben ist wichtig, aber die schmerzhaften Abbau- und Sparpakete hatten wir bereits in den Jahren 2014 – 2018 durchdekliniert.

4. Es ist nun endlich Zeit, die Einnahmen möglichst rasch zu erhöhen – gerade auch im Blick auf die Finanzierung der Aufgaben der Gemeinden. Kandidaten sind für mich die Einführung einer Erbschaftssteuer, die Erhöhung der Einkommenssteuer oder die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer.»

Thomas Noack, Landrat SP, Bubendorf

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